Ende April 1945 entdeckten Einheiten der Roten Armee die fast ausgestorbene Stätte des berüchtigten KZs Sachsenhausen, nahe Oranienburg, nördlich von Berlin.
Am 21. April waren um 33,000 Lagerinsassen, Männer, Frauen und Kinder, Angehörige fast aller europäischen Länder, in Gewaltmärschen Richtung Ostsee aus dem Lager getrieben worden. Das KZ befand sich in einem unbeschreiblichen Zustand. Es waren noch etwa 3,000 schwerkranke Gefangene zurückgelassen worden.
Sachsenhausen, im Dezember 1937, mit zunächst 51 Baracken und dem Zellenhaus, sowie SS Unterkünften und Kasernen fertiggestellt, hielt zunächst 2,523 Häftlinge. Bis zu seiner endgültigen Schliessung im Jahre 1950, fünf Jahre nach Kriegsende, sind insgesamt 250,000 Gefangene durch das Lager gegangen oder dort umgekommen, 50,000 bis 60,000 nach Kriegsende.
Bereits im Dezember 1938, wurden 6000 Gefangene in Sachsenhausen eingeliefert, die als Landstreicher oder Vorbestrafte registriert wurden.
Zu diesem Zeitpunkt wurde das KZ auf 68 Baracken erweitert.
(Die nachfolgenden Informationen sind in keiner Weise aufgeführt, um Menschenrechtsverletzungen zu vergleichen oder gar menschliches Leiden gegeneinander aufzuwiegen, noch soll hier moralisch Schuldzuweisung geübt werden.
Es ist nicht einmal mit voller Überzeugung, dass die Autorin einen Auszug der jüngsten Opfer auflistet, die in Gerhard Finns Broschüre ‘Sachsenhausen 1936-1950’, — Westkreuz Verlag, Berlin/Bonn, 1988, enthalten sind. Die Autorin erkennt keinen der Namen, hält es lediglich für möglich, dass zum mindesten einige der Jungen vom Stolper Feld, die nicht gefallen sind oder verwundet wurden, in Sachsenhausen festgehalten worden sind.)
Im Mai oder Juni 1945 wurde ein Teil der Anlage von der sowjetischen Geheimpolizei, dem früheren NKWD, als ‘Speziallager’ übernommen.
Unter den Gefangenen befanden sich deutsche Kriegsgefangene, politische Internierte, frühere Fremdarbeiter sowie sowjetische Militärangehörige, alle Gruppen streng voneinander getrennt.
Obwohl jahrelang immer wieder strikte abgestritten, befanden sich in diesen ‘Speziallagern’ viele deutsche Jugendliche, die im Zeitpunkt ihrer Inhaftierung das 18. Lebensjahr noch nicht erreicht hatten. Der Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes wusste von 3,125 solcher Gefangenen, von denen 1089 bis zum Jahr 1950 umgekommen waren.
Nach den Angaben des L.I., der im Sommer 1945 mit 14 Jahren von deutschen Hilfspolizisten aus der elterlichen Wohnung in Berlin gezerrt und sowjetischen Militärpolizisten übergeben wurde, befanden sich hunderte von Volkssturmjungen in Sachsenhausen. Die meisten Gefangenen wurden niemals offiziell über den Grund ihrer Inhaftierung informiert, aber es war generell bekannt, dass die Geheimpolizei behauptete, einen militärisch legitimen Volkssturm habe es nicht gegeben, sondern alle diese Jungen seien ‘Werwölfe’, also Partisanen gewesen. L.I. kam im August, 1948 frei.
Die Gefangenen machten heimlich Listen der Namen von Kameraden, die im Lager verstarben, mit Angabe ihres Alters bei Gefangennahme, des Heimatortes, und Todesjahr. Angehörige wurden grundsätzlich nicht benachrichtigt, und bis zum Jahr 1949 war es den Insassen nicht erlaubt, ihre Familien von ihrem Verbleib zu verständigen. Obwohl die Listen konfisziert wurden, gelang es doch, einige zu retten, heute ein Teil des Archivmaterials von Sachsenhausen.
Hier folgt ein Auszug der Namen von Opfern bis zu 15 Jahren, (1945):
Ilse Armster, 15, Rudisleben, † 1950;
Herbert Arndt, 15, Puttlitz, † 1949;
Willi Behnke, 14, Kleitz (?), † 1948;
Wolfgang Bernd, 15, Berlin, † 1949;
Rudi Braun, 15, Berlin, † 1947;
Werner Brücke, 15, Hohen Neuendorf, † 1947;
Hans-Joachim Claus, 15, Müncheberg, † 1949;
Heinz Dabel, 14, Stralsund, † 1948;
Harri Darms, 15, Berlin, † 1945;
Eberhard Drengh, 15, Schwabhausen, † 1948;
Kurt Engelmann, 15, Malchow, † 1949;
Albert Fassbinder, 15, Berlin, † 1947;
Heinz Fleischhauer, 15, Saalfeld, † 1949;
Fritz Förster, 15, Halle, † 1950;
Dieter Geisler, 13, Naumburg, † 1949;
Werner Gerlach, 15, Stolberg, † 1947;
Kurt Günther, 13, Kölleda, † 1948;
Werner Haack, 15, Schwabhausen, † 1947;
Herbert Hassmann, 14, Schwerin, † 1949;
Harald Heiland, 15, Gera, † 1949;
Gerhard Heinrich, 14, Gelsenkirchen, † 1949;
Hans Henk, 14, Stralsund, † 1947;
Willi Hermann, 15, Rostock, † 1949;
Kurt Holzmann, 15, Berlin, † 1950;
Walter Janoschenski, 15, Güstrow, † 1949;
Rudi Kachulke, 16, Hennigsdorf, † 1949;
Willi Kaiser, 14, Oranienburg, † 1949;
Manfred Karl, 14, Weissenfels, † 1949;
Hans Klaus, 15, Münchehofe, † 1949;
Günther Klautsch, 14, Oranienbaum, † 1947;
Herbert Klain, 14, Ammelshain, † 1949;
Hans Kmieog, 14, Schipkau, † 1949;
Karl Heinz Langner, 12, Jena, † 1948;
Hans Laskowiak, 13, Gröningen, † 1948;
Erhard Melzer, 14, Leipzig, † 1949;
Wolfgang Möller, 15, Berlin, † 1947;
Günter Nowak, 15, Dahme, † 1947;
Hans Pniock, 15, Schipkau, † 1949;
Günther Polkus, 15, Berlin, † 1949;
Heinz Polz, 14, Cammer, † 1948;
Hans Prick, 13, Berlin, † 1949;
Erwin Ramm, 15, Finkenherd, † 1948;
Hans Richter, 15, Berlin, † 1948;
Heinz Schaumburg, 15, Greussen, † 1949;
Heinz Schulz 15, Berlin, † 1947;
Heinz Thienemann, 15, Prenzlau, † 1947;
Fritz Uhlmann, 15, Gross-korbetha, † 1950;
Heinz Wegner, 15, Zeetze, † 1947;
Siegfried Woschesch, 15, Pulsberg, † 1949;
Heinz Zichs, 15, Weimar, † 1949;
Günter Ziegner, 15, Treuenbrietzen, † 1948;
Gerhard Zimmermann, 15, Eberswalde, † 1948;
Siegfried Zipfel, 14, Saalfeld, † 1949.